Sjögren-Syndrom

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Grundlagen

  • Kollagenose
  • Autoimmunerkrankung gegen Speichel- und Tränendrüsen → "dry eye, dry mouth"
  • Symptome:
    • chronische Parotitis
    • Keratokonjunktivitis sicca
    • Rhinitis sicca
    • Xerostomie
  • Frauen:Männer = 9:1
  • meist nach Wechseljahren
  • primär: ohne erosive Gelenkveränderungen
  • sekundär: Assoziation mit RA, sLE, Polymyositis, Sklerodermie

Als weitere Symptome finden sich abnorm geschwollene Ohrspeicheldrüsen, zuweilen auch Haut-, Nasen- und Vaginaltrockenheit, starke Müdigkeit, Gelenkentzündungen (Arthritis) und ein Raynaud-Syndrom. Selten können andere Organe wie etwa Nieren, Blutgefäße, Lungen, Leber, Pankreas oder das Gehirn betroffen sein.

Neurologische Manifestationen [Bearbeiten] Neurologische und neuromuskuläre Symptome [Bearbeiten] Myopathie wird definiert als Muskelschaden und Myalgie als Muskelschmerz. Personen mit Muskelproblemen können Schmerzen bei Druckbelastung haben oder spontanen Schmerz (Myalgien). Es kann sein, dass sie keine Treppen mehr steigen oder nichts mehr tragen können (Schwäche). Es kann sein, dass sie Symptome wie Fieber, Erschöpfung, Gelenk- und Muskelschmerzen oder Lymphadenopathie (bleibende Lymphknoten-Vergrößerung) haben. Schwäche kommt insbesondere vor bei Nierenbeteiligung, tubulärer Azidose und Kaliummangel. Wenn Verdacht auf Muskelbeteiligung beim Sjögren-Syndrom besteht, sollten entsprechende Blutuntersuchungen und eine Elektromyographie gemacht und zusätzlich Muskel- und Nervenbiopsien erwogen werden.[2]

Neuropathie [Bearbeiten] Neuropathien sind charakterisiert durch Empfindungsstörungen, wie Taubheit, Kribbeln oder schmerzhaftes Brennen. Hier sind die unteren Extremitäten mehr betroffen als die oberen. Die neurologische Untersuchung kann normal sein. Ausdrucksformen der möglichen Neuropathien sind Sensibilitäts-Neuropathien oder dorsale Nervenwurzel-Neuropathien. Das kann zu Störungen in Bewegungsabläufen führen, gesteigerter Schmerzempfindlichkeit (auf einen schmerzhaften Reiz) und Veränderungen in der Schmerzempfindlichkeit. Reflexe können fehlen. Die Schwäche kann symmetrisch sein und kann sich rapide verschlechtern, z.T. mit Befunden, die Bandscheiben-Veränderungen nachahmen, mit Nervenwurzelschmerzen und Schwäche im Nervenwurzelbereich. Die Motorik kann betroffen sein, in Verbindung mit der Sensorik und Sensibilitätstörungen im Gesicht. Sie können auf einer Seite beginnen und dann beidseitig werden. Das kann sich über Monate und Jahre hinweg ausweiten. Vielfache Einzel-Neuropathien wie Karpaltunnel-Syndrom, Ellenbogen-Neuropathie oder Tarsaltunnel-Syndrom (Kanal für den Nerven am Fußinnenknöchel) können auftreten. Schwindel mit Wechsel oder Körper-Position (Ohnmacht) durch Hypotonie ist möglich.[2]

Zentrales Nervensystem [Bearbeiten] Störungen des zentralen Nervensystems können Gehirn und Rückenmark betreffen. Sie können motorische und sensorische Schäden hervorrufen mit Lähmungen, Sprachstörungen, Schlaganfall. Bewegungsstörungen, Gehirnentzündung, aseptische Meningitis, Demenz oder psychische Abnormalitäten können auftreten. Krankheiten des Rückenmarks können sein: Knochenmarkentzündung, Brown-Sequard-Syndrom (motorische Lähmung) und neurogene Blase. Neuropsychologische Abnormalitäten sind Aufmerksamkeits- und Konzentrations-Schwäche sowie Defizite bei der verbalen Intelligenz (größer als bei nicht-verbaler Intelligenz). Alzheimer-Demenz kann ausgeschlossen werden. Außerdem sind Hysterie, Hypochondrie, Depression, Verstimmungen, Angst und Anfälle von Panik möglich.[2]

Depressionen [Bearbeiten] Depressionen können in verschiedenen Formen auftreten. Hierzu gehören auch Konzentrationsstörungen, ein verminderter Appetit oder Schlafstörungen. Die genaue Rolle der Entzündungen sowie des hormonellen Ungleichgewichts beim Sjögren-Syndrom als möglicher Unterstützungsfaktor ist unklar, man geht jedoch davon aus, dass bestimmte Formen der Depression zumindest teilweise durch chemische Veränderungen im Gehirn hervorgerufen sind. Stress, schlechter Schlaf und die chronische Krankheit können zur Depression beitragen.[1]

Assoziation [Bearbeiten] Das Sjögren-Syndrom kann als eigenständige Erkrankung oder als Begleiterscheinung anderer Rheumatischer Erkrankungen auftreten: Rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes, Primär sklerosierende Cholangitis, Morbus Bechterew, Raynaud-Syndrom.

Nicht selten ist das Sjögren-Syndrom mit einer Autoimmunthyreopathie vergesellschaftet, in 6% der Fälle auch mit der Entwicklung eines malignen Lymphoms. Noch häufiger kann ein sogenanntes Pseudolymphom auftreten, das histologisch schwer von einem echten Lymphom unterschieden werden kann.

Die Nervenbeteiligung beim Sjögren Syndrom wird oft durcheinandergebracht mit Multipler Sklerose, besonders wegen der ähnlichen Symptome, wie Defizite bei Gehirn und Rückenmark. Beim Sjögren Syndrom können jedoch auch Krankheiten des peripheren Nervensystems auftreten, und das ist bei MS selten. Dagegen hat der systemische Lupus erythematosus mit seiner Beteiligung des zentralen Nervensystems Ähnlichkeit mit Sjögren-Patienten, die eine Krankheit des zentralen Nervensystems haben, wobei Schlaganfälle beim Lupus häufiger vorkommen. Bei Gefäßerkrankungen und Mikroinfarkten im Gehirn und Rückenmark ist es schwer, zwischen Sjögren und Lupus zu unterscheiden.[2]

Diagnostik [Bearbeiten]

Feingeweblicher Schnitt einer BiopsieDas Sjögren-Syndrom kann, wie auch andere Kollagenosen, im Blut zum Abfall verschiedener Zellreihen sowie zu ANAs oder Rheumafaktoren führen. Durch die Entzündung kommt es zum Anstieg der BSG und des CRP. Wenngleich es die Nomenklatur nahelegt, sind Anti-SS-AK keineswegs für das Sjögren-Syndrom spezifisch. SS-A-Ak finden sich bei Sjögren-Syndrom, systemischem Lupus erythematodes und rheumatoider Arthritis; SS-B-Ak bei Sjögren-Syndrom und systemischem Lupus erythematodes.

Zur Diagnosesicherung kann eine Biopsie aus den Speicheldrüsen entnommen werden. Dies ist deutlich sensitiver als die Probenentnahme aus der Lippe oder Wangenschleimhaut. In dem Bioptat ist eine Drüsenentzündung mit Lymphozyteninfiltration zu sehen.

Weiter zu erwähnen ist der Schirmer-Test, bei dem mit einem Löschpapier die Produktion der Tränenflüssigkeit im Auge geprüft wird. Besonders zu Beginn der Erkrankung kann die Tränensekretion sogar reflektorisch erhöht sein, wodurch die Diagnose maskiert wird. Im Verlauf der Erkrankung wird der Schirmer-Test langsam auffällig und erst im Endstadium des Sjögren-Syndroms bleibt das Löschpapier völlig trocken.

Spezifisch bei sekundärem Sjögren-Syndrom ist die Diagnose der rheumatologischen Erkrankungen durch spezielle Blutuntersuchungen oder Röntgenaufnahmen möglicher beteiligter Gelenke möglich.[1]

Therapie [Bearbeiten] Die Therapie richtet sich gegen die Gefäßerkrankung und die neurologische Manifestation. Diese kann enthalten: Cortison (zur Immunsuppression bei stärkerer Ausprägung), Azathioprin (Imurek), Cyclophosphamid (Endoxan) und IVIG. Die neurologischen Manifestationen beim Sjögren-Syndrom müssen früh erkannt und aggressiv behandelt werden, damit spätere Komplikationen vermieden werden, die dann nicht mehr so erfolgreich behandelt werden können.[2]

Die manifesten Symptome können durch sorgfältige Mundhygiene, ausreichende Flüssigkeitszufuhr und speichelanregende Maßnahmen (saure Speisen, Kaugummi), Lichtschutz der Augen und Augentropfen ("künstliche Tränenflüssigkeit") gelindert werden.

Parasympathomimetische Medikamente können die Drüsensekretion anregen (z.B. Pilocarpinhydrochlorid). Gegen Gelenkschmerzen bei Sjögren-Syndrom hilft oft Chloroquin.

Die recht häufig auftretenden Mykosen der Mundschleimhaut werden mit Antimykotika behandelt.

Falls antidepressive Medikamente zur Verbesserung des Schlafs bzw. zur Behandlung der Müdigkeit eingenommen werden, sollten Medikamente ohne anticholinerge Nebenwirkungen bevorzugt werden. Bestimmte Antidepressiva wie die sogenannten trizyklischen Antidepressiva oder Monoaminooxidase-Hemmer können die Trockenheit verstärken und sollten daher nicht eingenommen werden.[1]

Literatur [Bearbeiten] Steven Carsons, Elaine K. Harris (Hrsg.): The New Sjogren's Syndrome Handbook. Oxford Univ. Press 1998, ISBN 0-19-511724-7 Einzelnachweise [Bearbeiten] 1.↑ a b c d e f Dr. Robert I. Fox et al.: Das Sjögren-Syndrom - Ein Ratgeber für Patienten. In: http://www.sjoegren-erkrankung.de/content/view/23/59, 2004 2.↑ a b c d e Dr. Steven Mandel: Neurologische Manifestationen beim Sjögren-Syndrom. In: http://www.sjoegren-erkrankung.de/content/view/25/59/, 2004 Siehe auch [Bearbeiten] Prolactin-induziertes Protein Weblinks [Bearbeiten] www.sjoegren-erkrankung.de - Überblickstext zum Sjögren-Syndrom von Robert Fox (1995) in deutscher Übersetzung www.sjoegren-syndrom.de - Überblick zum Sjögren-Syndrom, Symptome, Krankheitsbild www.sjoegren-syndrom.at - Sjögren Syndrom Selbsthilfegruppe