Rheumatoide Arthritis

Aus phys-med

Grundlagen

  • rheumatoide Arthritis (RA) = chronische Polyarthritis (cP)
  • typisch:
    • Befall von Carpal-/MCP/PIP-Gelenke
    • DIP nicht betroffen!
    • Schwellung, Rötung, Überwärmung, Schmerzen
    • Morgensteife
    • Verlauf in Schüben (Schubdauer Wochen-Monate)
    • Beginn > 55. LJ
  • Pathogenese:
    1. Gelenkzerstörung:
      • spezifischer onkologischer Prozesses ("tumor-like proliferation")
      • aggressive homogene Zellverbände aus pluripotenter synovialer Zellmatrix → Eindringen in Knorpel und Knochen → Expression hochpotenter proteolytischer Enzyme → rasche Degradierung von Knorpel und Knochen → nach wenigen Tagen Kollaps und Resorption durch Entzündungszellen/Makrophagen
      • keine entzündlichen Faktoren beteiligt!
      • Residuum: Pannus
    2. akutes Absterben von Geweben infolge lokaler Freisetzung von Kollagenasen → zentrale Nekrose, radiäre Zellpalisade → Zerstörung gefäßarmer, kollagener Strukturen (Sehnen → Ruptur, Auge → Sklera, Arterienwände)

Diagnose

  • Labor: BSG, CRP, RF (auch seronegative RA möglich!), CCP: Sensitivitäten 80%, Spezifität 98%
  • Klinik: DAS28 (Disease Activity Score)
  • Bildgebung:
    • Röntgen. Erosionen, subchondrale Osteoporose, Destruktionen des umliegenden Knochens, Ankylosen, Gelenkfehlstellungen (Knopflochdeformität, Schwanenhalsdeformität, Ulnardeviation)
    • MRT
    • Weichteil-/Knochenszintigraphie

Klassifikations-Kriterien

ACR/EULAR 2010

  • Diagnose bei ≥ 6/10, dabei 1-4 ≥ 6 Wochen
A Gelenkbeteiligung* 1 grosses Gelenk** 0
2−10 grosse Gelenke 1
1−3 kleine Gelenke*** 2
4−10 kleine Gelenke*** 3
> 10 Gelenke (≥ 1 kleines Gelenk) 5
B Serologie**** RF und ACPA negativ 0
RF oder ACPA schwach-positiv 2
RF oder ACPA hoch-positiv 3
C Akutphase Marker**** CRP und BSG normal 0
CRP oder BSG erhöht 1
D Symptomdauer < 6 Wochen 0
≥6 Wochen 1

∗ Schwellung oder Schmerzhaftigkeit, DIP, MCP I und CMC I ausgeschlossen

∗∗ Schultern, Ellbogen, Hüften, Knie, Sprunggelenke

∗∗∗ MCP, MTP II-V, PIP, IP I, Handgelenke (mit oder ohne Beteiligung von grossen Gelenken)

∗∗∗∗ mind. 1 nötig für Klassifizierung

ACR alt (1987)

  • Diagnose bei ≥ 4/7, dabei 1-4 ≥ 6 Wochen
  1. Morgensteifigkeit > 1h
  2. Arthritis > 3 Gelenke (Schwellung + Erguss an PIP, MCP, Hand, Ellenbogen, Knie, SG, MTP)
  3. Arthritis der Hand (HG, MCP, PIP)
  4. symmetrische Arthritis
  5. Rheumaknoten
  6. positiver RF
  7. radiologische Veränderungen

RA-Verdachtskriterien (DGRh)

  • ≥ 2 geschwollene Gelenke
  • Morgensteifigkeit > 1h
  • BSG ↑ oder CRP ↑
  • positiver RF oder CCP


Therapie

  • Krankheitsaktivität + Therapiesteuerung: DAS28

Medikamentöse Behandlung

  • vier Hauptgruppen:
    • Analgetika (Schmerzmittel)
    • NSAR/NSAID
    • Glucocorticoide
    • Basistherapeutika (LWAR, DMARD)
  • häufig Kombinationstherapie (Cortison + Basistherapie)
  • MTX "Goldstandard" aufgrund von Wirksamkeit und Verträglichkeit
  • Goldsalze weitgehend obsolet

Neuere Therapeutika sind Antikörper, löslichen Rezeptoren oder Antagonisten, die gegen proinflammatorische Zytokine wie IL-1, IL-6 oder TNF-alpha gerichtet sind und auch "Biologika"/"Biologicals" genannt werden. Gegen TNF-alpha gerichtet sind die TNF-alpha-Antikörper Infliximab und Adalimumab sowie der lösliche TNF-alpha-Rezeptor Etanercept. Der IL-1-Rezeptor-Antagonist heißt Anakinra. Eine neue Therapieoption bietet die B-Zell-Therapie mit Rituximab (monoklonaler CD20-Antikörper), die seit Juli 2006 europaweit zugelassen ist. Rituximab wird derzeit nach Versagen des ersten TNF-alpha-Antikörpers eingesetzt. Seit Mai 2007 ist eine Substanz zugelassen, die die T-Zell-Ko-Stimulation moduliert. Es handelt sich um das vollständig humane Fusionsprotein CTLA4Ig (Abatacept). Abatacept wird derzeit nach Versagen mindestens eines TNF-alpha-Antagonisten eingesetzt.[14] Kürzlich zugelassen wurden als TNF-alpha-Antagonisten das Certolizumab pegol und Golimumab. Seit Januar 2009 ist der humanisierte Antikörper Tocilizumab europaweit zugelassen, der speziell Interleukin-6-Rezeptoren hemmt. Weitere Wirkstoffe befinden sich in der klinischen Erforschung in Phase II und Phase III-Studien. Operative Therapie der rheumatischen Arthritis [Bearbeiten]

Rheumachirurgie

  • Synovektomie: bremst den Krankheitsprozess
  • Gelenkresektion/Gelenkversteifung (Arthrodese), v.a. Daumen, Handwurzel, DIP-Gelenke, OSG/USG, Fußwurzel, GZG-/-endgelenk, Zehenmittel-/-endgelenke
  • Arthroplastik: Gelenkteilresektion, Knorpelglättung
  • Endoprothesen: konsequente Synovektomie!
  • Radio-/Chemosynoviorthese:
    • Indikation: sechsmonatige Basistherapie + intraartikuläre Cortison-Injektionen insuffizient
    • abs. KI: Schwangerschaft/Stillzeit
    • rel. KI: Kinder/Jugendliche
    • reine/vorwiegende Beta-Strahler

Weblinks