Psoriasis-Arthritis: Unterschied zwischen den Versionen

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Darunter wird eine entzündliche Gelenkerkrankung vermutlich auf der Grundlage einer Autoimmunerkrankung verstanden, die bei einigen Patienten mit Schuppenflechte (Psoriasis) auftritt und gegenüber anderen rheumatischen Erkrankungen einige Besonderheiten hat.
== Grundlagen ==


So können zwar alle Gelenke betroffen sein, typischerweise sind es aber die End- und Mittelgelenke an Händen und Füßen und große Gelenke wie Knie und Becken-Wirbelsäule. Oft wird die Erkrankung an den Gelenken nur eines Fingers oder einer Zehe festgestellt („Befall im Strahl“). Auch ist die Gelenkbeteiligung in Abgrenzung zur rheumatoiden Arthritis oft asymmetrisch, es sind also auf der rechten und linken Körperhälfte unterschiedliche Gelenkregionen befallen.
* siehe Wikipedia [[http://de.wikipedia.org/wiki/Schuppenflechte|Psoriasis]
* typisch: Befall im Strahl, PIP/DIP Hände/Füße, asymmetrisch
* seltener große Gelenke, Becken-Wirbelsäule
* Sehnen/Sehnenansätze, Schleimbeutel, Bänder
* seronegativ (RF negativ), Assoziation zu HLA-B27
* '''CASPAR = ClASsification criteria for the diagnosis of Psoriatic ARthritis''':
*# Entzündliche Veränderungen (Schmerz, Schwellung, Steifigkeit) im Bereich von Gelenken, WS, Sehnen/Sehnenansätze
*# und >= 3 der folgenden Kriterien
*## aktuelle Psoriasis
*## anamnestische Psoriasis
*## positive Familienanamnese (Verwandte 1. oder 2. Grades)
*## Psoriatische Nagelveränderungen (Nageldystrophie, Onycholyse, Lochfraß, Hyperkeratose)
*## RF negativ
*## aktuelle Daktylitis ("Wurstfinger")
*## anamnestische Daktylitis (Rheumatologe)
*## Röntgen: typische gelenknahe Knochenneubildungen im Bereich von Händen oder Füßen


Zusätzlich können auch die den Gelenken benachbarten Weichteile befallen sein, beispielsweise die Sehnen und Sehnenansätze, Schleimbeutel oder Bänder.
== Psoriasis ==


Die Erkrankung ist „seronegativ“, es können Veränderungen von Laborwerten fehlen, die bei anderen rheumatischen Erkrankungen nachweisbar sind, wie HLA-B27 und andere Rheumafaktoren. Wobei die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass HLA-B27 positiv ist.
=== Symptome ===


Bei der Psoriasis-Arthritis handelt es sich gelegentlich um eine Ausschluss-Diagnose, also die Annahme der Erkrankung, wenn andere entzündliche Gelenkerkrankungen nicht (überzeugend) in Betracht kommen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn Hautveränderungen im Sinne einer Schuppenflechte nicht vorliegen, aber beispielsweise aus der Familienanamnese eine Psoriasis bekannt ist.
* Effloreszenzen monomorph, rötlich, meist rundlich/inselförmig, scharf begrenzt, leicht erhaben
* bevorzugt an Kopfhaut, Ellbogen, Knie, Bauchnabel, After, Rima ani, Fingerknöchel, hinter Ohrläppchen
* Verhornung beschleunigt, vermehrt (Hyperkeratose), gestört → gesteigerte mitotische Aktivität der Basalzellen der Epidermis
* "Kerzenwachsphänomen": glänzende grob-lamellöse Schuppen mit talgartiger, silbriger Konsistenz
* Dermis hyperämisch → Rötung
* "Phänomen des letzten Häutchens" = Phänomen des blutigen Taus, Auspitz-Phänomen
* Alopecia psoriatica: inselförmiger Haarausfall
* Nageldystrophie: Tüpfel-/Grübchennägel, "Ölflecken"  (gelbliche Verfärbung), distale Onycholyse, Krümelnagel, Nagelverdickung
* Mikroabszesse unter der Hornschicht
* Organbeteiligung:
** Psoriasisarthritis
** Uveitis, Retinitis
** erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und [[Schlaganfall]]
* PASI-Score: ''Psoriasis Area and Severity Index'' → Ausdehnung und Schweregrad (max. 72 Punkte)
* massive Beeinträchtigung der Lebensqualität
 
=== Formen der Psoriasis vulgaris ===
 
# Typ I (60–70%):
#* < 40. LJ, familiäre Häufung
#* 95% HLA-Cw 6, HLA-Dr 7, HLA-B 17, HLA-B 57
#* Typische Erstmanifestation: Psoriasis guttata, häufig nach Kontakt mit Triggerfaktoren
#** Medikamenten: &beta;-Blocker, Lithium, Antimalariamittel
#** Streptokokkeninfektion
#** kann abklingen oder in P. vulgaris übergehen
#* v.a. Kopfhaut, intertriginös, Beugeseiten, palmar/plantar, genital/anal
# Typ II (30–40%):
#* Spätmanifestation > 40. LJ
#* meist Nagelpsoriasis und Psoriasisartrithis
#* HLA-Koppelung gering, keine familiäre Häufung
#* meist leichterer Verlauf
# Typ Zumbusch (0,5–2,5%):
#* akuter Fieberschub
#* innerhalb weniger Stunden zunächst lokal, dann generalisiert flächige Erytheme mit Pusteln, teilweise konfluierend
#* innerhalb 24 h Leukozytose, Hypocalcämie, Hypalbuminämie
#* rezidivierende Fieberschübe, generalisierte Pusteln
#* > 50. LJ
 
=== Verlauf ===
 
* individuell
** 25% einmaliges Auftreten/Remission
** häufig Wechsel von Phasen mit starker/geringer/fehlender Aktivität (Schübe)
* Auslöser:
** physische/psychische Belastungssituationen (schwerer Infekt, Operation, Tod eines Angehörigen)
** hormonelle Veränderungen (Schwangerschaft)
** Pubertät
** Herbst/Winter: trockene Luft, nasskaltes Klima, geringere UV-Einstrahlung
** Medikamente: Betablocker, ACE-Hemmer, Lithium, Malariamittel, Interferone, Tetracycline, Terbinafin, NSAR, Folsäure.
** kosmetische Präparate
** unspezifische Reize: Verletzungen, Reibung, Operationen, Sonnenbrände oder ähnliches beobachtet.
** Köbner-Phänomen = isomorpher Reizeffekt: Effloreszenzen treten bei bestimmten Hautkrankheiten Minuten bis Wochen nach unspezifischer Reizung an bisher nicht veränderten Abschnitten auf und gleichen denen der bestehenden Hautkrankheit
 
=== Therapie ===
 
==== topisch ====
 
* Wochen bis Monate
* Harnstoff (Urea pura): in Öl, Cremes, Salben
* Salizylsäure: zum Ablösen der Schuppen, entzündungshemmend
* Steinkohlenteer: bremst Zellteilung, lindert Juckreiz; krebsfördernd
* Dithranol/Cignolin: bremst Zellteilung, gute Wirksamkeit, sehr aufwändige Behandlung
* Kortikosteroide: Clobetasol, Betamethason &rarr; nur kurzzeitig auf kleinen Hautpartien;
* Vitamin-D-Derivate: Calcipotriol, Tacalcitol
* '''Kortikosteroide + Calcipotriol''': gute Verträglichkeit + hohe Wirksamkeit &rarr; '''Initialtherapie'''
 
==== physikalisch  ====
 
* Lichttherapie:
** Schmalspektrum-UVB-Therapie &rarr; Mittel der Wahl
*** Wellenlänge 311 nm
*** Ganz- und Teilkörperbestrahlungen, geringe Erythemwirkung
*** Kombinationmit topischer Behandlung
** Selektive Ultraviolett-Phototherapie (SUP):
***  Kombination UVA/UVB
*** Cave Sonnenbrand
** PUVA-Therapie (Psoralen + UVA):
*** Psoralene: steigern Lichtempfindlichkeit der
*** Photoinaktivierung der hyperreaktiven T-Zellen &rarr; Psoralen bindet an Nukleinsäuren/Proteinstrukturen
** Lasertherapie:
*** Excimer-Laser: 308 nm
*** hohe Strahlendosis selektiv
*** '''derzeit wirksamste physikalische Therapie'''
** Balneophototherapie/Sole-Photo-Therapie:
*** Bad 20–30' in stark solehaltiger Lösung, im Anschluss wenige Minuten intensive UVB-Bestrahlung
** Fischtherapie:
*** rötliche Saugbarben ("Knabberfische")
*** drei Wochen lang, tgl.  2h mit ca. 200 Saugbarben
*** anschließend kurze UV-Bestrahlung im Solarium und Hautpflege
* Elektrotherapie:
** schwach dosierter Interferenzstrom
** Elektroden auf psoriatische Areale oder in Wannen
** 2x tgl. 5', bis zu 12 Wochen
 
==== systemisch/medikamentös ====
 
* MTX: < 25 mg/Woche
* Retinoide (Vit. A-Derivate):
** Kombination mit UV-Bestrahlung
** bis 2 J. nach Behandlung teratogen
* Kortikoide: nicht mehr empfohlen wg. Rebound + UAW
* Immunsuppressive Substanzen (z.B. Ciclosporin)
* Fumarsäureester: Langzeittherapie
* Biologicals:
** TNF-Blocker: Adalimumab, Infliximab, Etanercept
** p40-Interleukin-12/23-Hemmer: Ustekinumab
 
==== psychotherapeutisch ====
 
* Krankheitsbewältigung
* Prophylaxe von Schüben
* Selbsthilfegruppen
 
[[Kategorie:Rheumatologie]]

Aktuelle Version vom 16. August 2013, 21:51 Uhr

Grundlagen

  • siehe Wikipedia [[1]
  • typisch: Befall im Strahl, PIP/DIP Hände/Füße, asymmetrisch
  • seltener große Gelenke, Becken-Wirbelsäule
  • Sehnen/Sehnenansätze, Schleimbeutel, Bänder
  • seronegativ (RF negativ), Assoziation zu HLA-B27
  • CASPAR = ClASsification criteria for the diagnosis of Psoriatic ARthritis:
    1. Entzündliche Veränderungen (Schmerz, Schwellung, Steifigkeit) im Bereich von Gelenken, WS, Sehnen/Sehnenansätze
    2. und >= 3 der folgenden Kriterien
      1. aktuelle Psoriasis
      2. anamnestische Psoriasis
      3. positive Familienanamnese (Verwandte 1. oder 2. Grades)
      4. Psoriatische Nagelveränderungen (Nageldystrophie, Onycholyse, Lochfraß, Hyperkeratose)
      5. RF negativ
      6. aktuelle Daktylitis ("Wurstfinger")
      7. anamnestische Daktylitis (Rheumatologe)
      8. Röntgen: typische gelenknahe Knochenneubildungen im Bereich von Händen oder Füßen

Psoriasis

Symptome

  • Effloreszenzen monomorph, rötlich, meist rundlich/inselförmig, scharf begrenzt, leicht erhaben
  • bevorzugt an Kopfhaut, Ellbogen, Knie, Bauchnabel, After, Rima ani, Fingerknöchel, hinter Ohrläppchen
  • Verhornung beschleunigt, vermehrt (Hyperkeratose), gestört → gesteigerte mitotische Aktivität der Basalzellen der Epidermis
  • "Kerzenwachsphänomen": glänzende grob-lamellöse Schuppen mit talgartiger, silbriger Konsistenz
  • Dermis hyperämisch → Rötung
  • "Phänomen des letzten Häutchens" = Phänomen des blutigen Taus, Auspitz-Phänomen
  • Alopecia psoriatica: inselförmiger Haarausfall
  • Nageldystrophie: Tüpfel-/Grübchennägel, "Ölflecken" (gelbliche Verfärbung), distale Onycholyse, Krümelnagel, Nagelverdickung
  • Mikroabszesse unter der Hornschicht
  • Organbeteiligung:
    • Psoriasisarthritis
    • Uveitis, Retinitis
    • erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall
  • PASI-Score: Psoriasis Area and Severity Index → Ausdehnung und Schweregrad (max. 72 Punkte)
  • massive Beeinträchtigung der Lebensqualität

Formen der Psoriasis vulgaris

  1. Typ I (60–70%):
    • < 40. LJ, familiäre Häufung
    • 95% HLA-Cw 6, HLA-Dr 7, HLA-B 17, HLA-B 57
    • Typische Erstmanifestation: Psoriasis guttata, häufig nach Kontakt mit Triggerfaktoren
      • Medikamenten: β-Blocker, Lithium, Antimalariamittel
      • Streptokokkeninfektion
      • kann abklingen oder in P. vulgaris übergehen
    • v.a. Kopfhaut, intertriginös, Beugeseiten, palmar/plantar, genital/anal
  2. Typ II (30–40%):
    • Spätmanifestation > 40. LJ
    • meist Nagelpsoriasis und Psoriasisartrithis
    • HLA-Koppelung gering, keine familiäre Häufung
    • meist leichterer Verlauf
  3. Typ Zumbusch (0,5–2,5%):
    • akuter Fieberschub
    • innerhalb weniger Stunden zunächst lokal, dann generalisiert flächige Erytheme mit Pusteln, teilweise konfluierend
    • innerhalb 24 h Leukozytose, Hypocalcämie, Hypalbuminämie
    • rezidivierende Fieberschübe, generalisierte Pusteln
    • > 50. LJ

Verlauf

  • individuell
    • 25% einmaliges Auftreten/Remission
    • häufig Wechsel von Phasen mit starker/geringer/fehlender Aktivität (Schübe)
  • Auslöser:
    • physische/psychische Belastungssituationen (schwerer Infekt, Operation, Tod eines Angehörigen)
    • hormonelle Veränderungen (Schwangerschaft)
    • Pubertät
    • Herbst/Winter: trockene Luft, nasskaltes Klima, geringere UV-Einstrahlung
    • Medikamente: Betablocker, ACE-Hemmer, Lithium, Malariamittel, Interferone, Tetracycline, Terbinafin, NSAR, Folsäure.
    • kosmetische Präparate
    • unspezifische Reize: Verletzungen, Reibung, Operationen, Sonnenbrände oder ähnliches beobachtet.
    • Köbner-Phänomen = isomorpher Reizeffekt: Effloreszenzen treten bei bestimmten Hautkrankheiten Minuten bis Wochen nach unspezifischer Reizung an bisher nicht veränderten Abschnitten auf und gleichen denen der bestehenden Hautkrankheit

Therapie

topisch

  • Wochen bis Monate
  • Harnstoff (Urea pura): in Öl, Cremes, Salben
  • Salizylsäure: zum Ablösen der Schuppen, entzündungshemmend
  • Steinkohlenteer: bremst Zellteilung, lindert Juckreiz; krebsfördernd
  • Dithranol/Cignolin: bremst Zellteilung, gute Wirksamkeit, sehr aufwändige Behandlung
  • Kortikosteroide: Clobetasol, Betamethason → nur kurzzeitig auf kleinen Hautpartien;
  • Vitamin-D-Derivate: Calcipotriol, Tacalcitol
  • Kortikosteroide + Calcipotriol: gute Verträglichkeit + hohe Wirksamkeit → Initialtherapie

physikalisch

  • Lichttherapie:
    • Schmalspektrum-UVB-Therapie → Mittel der Wahl
      • Wellenlänge 311 nm
      • Ganz- und Teilkörperbestrahlungen, geringe Erythemwirkung
      • Kombinationmit topischer Behandlung
    • Selektive Ultraviolett-Phototherapie (SUP):
      • Kombination UVA/UVB
      • Cave Sonnenbrand
    • PUVA-Therapie (Psoralen + UVA):
      • Psoralene: steigern Lichtempfindlichkeit der
      • Photoinaktivierung der hyperreaktiven T-Zellen → Psoralen bindet an Nukleinsäuren/Proteinstrukturen
    • Lasertherapie:
      • Excimer-Laser: 308 nm
      • hohe Strahlendosis selektiv
      • derzeit wirksamste physikalische Therapie
    • Balneophototherapie/Sole-Photo-Therapie:
      • Bad 20–30' in stark solehaltiger Lösung, im Anschluss wenige Minuten intensive UVB-Bestrahlung
    • Fischtherapie:
      • rötliche Saugbarben ("Knabberfische")
      • drei Wochen lang, tgl. 2h mit ca. 200 Saugbarben
      • anschließend kurze UV-Bestrahlung im Solarium und Hautpflege
  • Elektrotherapie:
    • schwach dosierter Interferenzstrom
    • Elektroden auf psoriatische Areale oder in Wannen
    • 2x tgl. 5', bis zu 12 Wochen

systemisch/medikamentös

  • MTX: < 25 mg/Woche
  • Retinoide (Vit. A-Derivate):
    • Kombination mit UV-Bestrahlung
    • bis 2 J. nach Behandlung teratogen
  • Kortikoide: nicht mehr empfohlen wg. Rebound + UAW
  • Immunsuppressive Substanzen (z.B. Ciclosporin)
  • Fumarsäureester: Langzeittherapie
  • Biologicals:
    • TNF-Blocker: Adalimumab, Infliximab, Etanercept
    • p40-Interleukin-12/23-Hemmer: Ustekinumab

psychotherapeutisch

  • Krankheitsbewältigung
  • Prophylaxe von Schüben
  • Selbsthilfegruppen