Sozialrecht
Aus phys-med
5 Säulen der Sozialversicherung
- Krankenversicherung
- Träger: gesetzliche/private Krankenkassen
- Beiträge:
- Arbeiter und Angestellten: Hälfte Arbeitgeber/Arbeitnehmer
- Rentner: Arbeitgeberanteil durch gesetzliche Rentenversicherung
- sozialversicherungspflichtige Personen:
- pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenkasse bis zur BBG
- darüber private Krankenkasse oder freiwillig bei gesetzlicher Krankenkasse
- Unfallversicherung
- Träger: Berufsgenossenschaft
- Finanzierung: Beiträgen der Arbeitgeber (Höhe nach Gefahrensatz)
- Rentenversicherung
- Träger: DRV (früher: LVA + BfA)
- Beiträge: Hälfte von Arbeitnehmer/Arbeitgeber bis zur BBG
- Beitragssatz: 19,5%
- Arbeitslosenversicherung
- Träger: Bundesagentur für Arbeit
- Beiträge: Hälfte Arbeitgeber/Arbeitnehmer
- Beitragssatz: 6,5 % bis zur BBG
- Pflegeversicherung
- Träger: Krankenkassen
- Beitragssatz: 1,7%
- Pflegestufen: erheblich pflegebedürftig, schwer pflegebedürftig, schwerst pflegebedürftig
Arbeitsunfähigkeit (AU)
- liegt vor, wenn der Arbeitnehmer (AN) die ihm obliegende Arbeitsleistung
- infolge einer Krankheit nicht erbringen kann
- nach ärztlicher Weisung im Interesse der Gesunderhaltung oder zur Abwehr drohender Arbeitsunfähigkeit nicht erbringen kann oder darf (z.B. bei einer geplanten Operation)
- nicht erbringen kann, weil er sich nach ausgeheilter Erkrankung einer Nachbehandlung unterziehen muss
- abhängig von der konkret zu verrichtenden Tätigkeit und deren Beeinträchtigung durch die Krankheit
- AU liegt auch vor, wenn der AN zwar noch Teile der ihm obliegenden Tätigkeit ausführen, jedoch nicht mehr die volle Arbeitsleistung erbringen kann. Die Verpflichtung zur Arbeitsaufnahme besteht erst dann, wenn der AN gesundheitlich in der Lage ist, seine Arbeit vollständig zu leisten. (Ausnahme: Stufenweise Wiedereingliederung)
- Krankengeld:
- erhält, wer arbeitsunfähig ist (bezogen auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit)
- Arbeitslose gelten als arbeitsfähig, wenn sie mindestens 15 Stunden wöchentlich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können, ungeachtet dessen, was sie früher beruflich gelernt haben
→ auch Empfänger von ALG 1 können Krankengeld bekommen, Empfänger von ALG 2 nicht - max. 78 Wochen (1,5 Jahre, je nach Dauer vorheriger Versicherungszeit) innerhalb von drei Jahren; eine hinzutretende Erkrankung ändert daran nichts
- Höhe: ca. 70 % des letzten monatlichen Brutto, meist Nettokrankengeld ca. 75% von Nettoverdienst
- Wenn in einem 3-Jahreszeitraum eine andere oder die gleiche Krankheit wieder auftritt und derjenige in dem neuen Zeitraum mindestens 6 Monate arbeitsunfähig war, kann unter bestimmten Umständen wieder Anrecht auf Krankengeld bestehen → individuell prüfung
- Beiträge zur Renten- und Pflegeversicherung weiter zu zahlen, AG–Anteil übernimmt die Krankenkasse %rarr; spätere Rente erhöht sich dadurch
Berufsunfähigkeit (BU)
- BU- Rente: § 43 SGB VI
- staatliche Berufsunfähigkeitsrente abgeschafft für alle nach dem 1.1.1963 Geborenen → Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
- Voraussetzung: 5 Jahre vor Eintritt BU mind. 3 Jahre Pflichtbeiträge gezahlt und allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt (= Beitragszeiten, Kindererziehungszeiten, Ersatzzeiten wie Bundeswehr oder Zivildienst). Die Wartezeit ist immer erfüllt bei Arbeitsunfällen oder bei Schädigung Wehr-/ Zivildienst
- Max. Zuverdienst: individuell, zwischen 700 und 1100 Euro
Erwerbsunfähigkeit
Erwerbsminderung (EM)
- gesetzliche Rentenversicherung
- Erwerbsunfähigkeitsrente/Erwerbsminderungsrente:
- volle EU-Rente, Teil-EU Rente (halbe Rente), daneben noch einige 1/3 oder 2/3 Rente von früher
- Erwerbsfähig: mindestens 6 h/Tage
- Teilerwerbsgemindert: 3-6 h/Tag; Zuverdienst individuell, ca. 600- 900 Euro
- Voll erwerbsgemindert/erwerbsunfähig: < 3 h/Tag; Zuverdienst max. 400 Euro, max. 15 h/Woche
Minderung der Erwerbsfähigkeit
- gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII)
- Voraussetzungen für die Gewährung einer Verletztenrente wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit (> 20%)
- Bei der Bestimmung des Grades der MdE kommt es nicht darauf an, ob die betroffene Person tatsächlich einen Einkommensverlust erlitten hat. Die Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung soll nicht konkrete Einkommensverluste, sondern die Minderung der Erwerbsfähigkeit ausgleichen. Dies kann bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten mit einer kleinen oder mittleren MdE zu Einkommensverbesserungen führen, wenn die betroffene Person trotz der Beeinträchtigung weiterhin das ursprüngliche Arbeitseinkommen erzielt. Es ist für den Bezug einer Verletztenrente auch unschädlich, wenn gleichzeitig Leistungen einer privaten Unfallversicherung bezogen werden.
- Der Begriff der MdE wurde Ende 2007 im Bundesversorgungsgesetz durch den "Grad der Schädigungsfolgen" (GdS) ersetzt
Arbeitslosengeld 1 (ALG 1)
- Anrecht nach mindestens einem Jahr Beitragszahlung, oder nach einem Jahr Elterngeld, Wehrdienst oder Zivildienst
- Max. zahlbar bis 65 Jahre
- Höhe: 60% des pauschalierten Nettoentgeltes, 67% mit Kind. Max. ALG 1 z.Zt. ca. 3200 Euro.
- Bezugsdauer ab 1.1.2008:
Mindestmonate Vers.-Pflicht | Alter (Jahre) | Dauer (Monate) |
---|---|---|
24 | < 50 | 12 |
30 | 50 | 15 |
36 | 55 | 18 |
48 | 58 | 24 |
⇒ für alle Menschen unter 50 Jahren max. 1 Jahr Arbeitslosengeld; danach ALG 2 = Hartz IV = Sozialhilfe
- vielfältige Förderungsmöglichkeiten für Arbeitslose
- Umschulung: muss vor dem 50.- 52. Lj. abgeschlossen sein
- Zuschuss für leidensgerechte Hilfsmittel, z.B. Sehhilfe, ergonomische Autositze etc.
- Schulungen verschiedener Dauer, z.B. EDV- oder CAD, Bewerbungstrainings
- Arbeitslose mit 12 Monaten Anspruch auf ALG 1 erhalten einen Eingliederungszuschuss von 30- 50% der Lohnkosten, für Arbeitslose mit längerem Anspruch gibt es einen Eingliederungsgutschein von 50%. Das heißt, der neue Arbeitgeber muss nur 50% Gehalt zahlen und "testet"
- Hinzuverdienst max. 165 Euro, max. 15 h/Woche
Arbeitslosengeld 2 (ALG 2, Hartz IV), Sozialgeld)
- ALG II → Grundsicherung für erwerbsfähige Hilfsbedürftige nach SGB II.(Zahlung Arbeitsamt) = Hartz IV; auch ergänzend zu ALG 1, falls dieses zu gering ist
- Höhe Regelleistung:
- allein 351 €
- Paar je 316 €
- Kind bis 13 Jahre 211 €, ab 14 Jahren 281 €
- Mehrbedarf: Alleinstehende mit Kind/mehrere Kinder, Schwangere
- Beschränkungen:
- Vermögensfreibetrag (ab 1.1.1948 geboren): 2600 €** KFZ bis Wert max. 7500€
- Altersvorsorge nach Rürup oder Riester bis max 200€ / Lebensjahr
- selbst genutztes Hausgrundstück, selbst genutzte Eigentumswohnung
- Grenzen: eigenes Haus zw. ca. 60 und 90 m² für Paar, mit Kind + 16 m2, landesverschieden
- generell angerechnet werden Vermögen bzw. Einkommen wie Renten, Wohngeld, Unterhalt, Mieteinnahmen, Zinsen, Haus in unangemessener Größe (auch wenn es selbst bewohnt wird), nicht selbst bewohnte Häuser sowieso, Wertpapiere, Rückkaufswerte von Lebens- und Rentenversicherungen; NICHT: Erziehungsgeld
- Grundsicherung immer absolut nachrangig, erst muss alles andere verkauft werden.
- Bezieher von ALG 2 müssen dem Arbeitsamt bzw. der ARGE (Arbeitsgemeinschaft für Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SGB II, Verbund der Arbeitsämter und Kommunen) jederzeit zur Verfügung stehen
- Zumutbar ist jede Arbeit, die ohne Gefährdung für die erlernte Arbeit ausgeübt werden kann (z.B. darf der Klavierspieler nicht als Maurer eingesetzt werden.)
- Einschränkungen der Leistungsfähigkeit können durch den Rentenversicherer oder den Arbeitsamtsarzt festgesetzt werden (z.B. nur leichte Tätigkeiten ohne Schichtdienst), sog. Leistungsbild
- Bezieher von ALG 2 müssen jeden Job annehmen, auch bis zu 30% unter Tarif.
- Wohnortwechsel sind nicht Pflicht, wohl aber lange Anfahrtszeiten, teilweise bis zu 2 Stunden pro Fahrt
- Während des Bezuges von ALG 2 werden Beiträge zur Renten- und Pflegeversicherung durch die ARGE weitergezahlt, d.h. es erhöht sich auch die spätere Rente (wichtig ist dieser Umstand bei vorzeitiger Altersrente)
- Anfang 2007: 5,1 Millionen Menschen in der BRD in 3,6 Millionen Bedarfsgemeinschaften bezogen ALG 2, Gesamtsumme ca. 40,5 Milliarden Euro
- Hilfepflichtig sind im Haushalt lebende Eltern, Kinder, Partner → deswegen ziehen unverheiratete Paare auseinander. Bei Verheirateten nützt dies nichts, sie bleiben unterhaltspflichtig. Auch nicht im Haushalt lebende Kinder oder Eltern können zur Grundsicherung herangezogen werden, wenn sie mehr als 100.000 Euro im Jahr verdienen und/oder Vermögen haben.
- Zwangsverrentung für Bezieher von ALG 2 liegt für alle bei 63 Jahren, wobei Teilerwerbsgeminderte und Schwerbehinderte deutlich weniger Abzüge haben
- Vorteil längerer Bezug ALG 2:
- Von Altersrente müssen (m Gegensatz zu ALG 2/Hartz IV) selbst Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt werden
- Längere Arbeitslosigkeit bedeutet höheres Einkommen
- Längere Arbeitslosigkeit bedeutet auch längere Einzahlung der Beiträge für die Rentenversicherung durch die Arbeitsämter, also höhere Altersrente. Das Arbeitsamt zahlt in die Rentenkasse einen Beitrag entsprechend 80 % des Bruttoeinkommens VOR der Arbeitslosigkeit .
- weitere Grundsicherungen:
- Sozialgeld SGB II → für nicht Erwerbsfähige wie z.B. Kinder bis 15 Jahren in Bedarfsgemeinschaften (Zahlung durch Bund)
- im Alter und bei bestimmter Erwerbsminderung nach § 41 SGB XII (Zahlung Sozialämter in den Kommunen), Merkmal Dauerhaftigkeit
- Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27- 40 SGB XII, z.B. für Langzeit-stationäre Patienten, Bewohner von Alten- und Pflegewohnheimen, deren Einkommen nicht reicht
Altersrente
- Männer bis Jahrgang 1948: mit 65 Jahren, danach Stufenregelung: jeder Jahrgang + 1 Monat, ab JG 1964 Altersrente ohne Abschläge mit 67 J.; bei Zwangsverrentung mit 63 J. beträgt der Abschlag 14,4% für den Rest des Lebens, zwischen 63 und 67 J. gestaffelt.
- Frauen ähnlich, etwas verzögerte Angleichung, ab Jg 64 gleich mit Männern.
- Erwerbsunfähigkeit /Schwerbehinderung: noch stufenweise Regelungen, ab JG 1964 einheitlich: ohne Abschläge ab 65, mit Abschlägen ab 62 Jahren(bis 7,4%).
Weblinks
- Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit, vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales
- VdK: Grad der Behinderung (GdB) und Grad der Schädigungsfolgen (GdS)
Quellen
- Angela Deventer, Vortrag auf dem Fortbildungstag des BVPRM München 20.06.2009
- Berufsverband der Rehabilitationsärzte Deutschlands e.V.