Trigeminusneuralgie

Aus phys-med

Zusammenfassung der AWMF-Leitlinie (siehe unter #Weblinks)

Klinik

  • blitzartig einschießender, extrem heftiger, elektrisierender und stechender Schmerz im

Versorgungsgebiet eines oder mehrerer Trigeminusäste

  • Attackendauer typischerweise Sekunden, selten auch länger (< 2 Minuten)
  • Auftreten spontan und/oder durch Reize im Nervus-trigeminus-Versorgungsgebiet (Berührung, Kauen, Sprechen, Schlucken, Zähneputzen)
  • zwischen den Attacken Beschwerdefreiheit
  • multiple Attacken täglich über Wochen bis Monate möglich, spontanes Sistieren über Wochen bis Monate möglich
  • in der Regel progredienter Verlauf
    • 29% der Patienten nur eine Episode in ihrem Leben, 28% dagegen 3 oder mehr
  • symptomatische Trigeminusneuralgie: Schmerzparoxysmen wie oben beschrieben, aber
    • Sensibilitätsstörung im Versorgungsbereich des betroffenen Trigeminusastes möglich und
    • möglicherweise keine Schmerzfreiheit zwischen den Attacken
  • pathologischer Gefäß-Nerven-Kontakt bei 70-100% der Patienten nachweisbar
    • Sensitivität bis zu 88,5%
    • Spezifität nur 50%, da auch bei ca. einem Viertel der Kontrollpersonen pathologische Gefäß-Nerven-Kontakte nachweisbar
    • am häufigsten A. cerebelli superior (ca. 80%)
    • Pulsationen → segmentale Demyelinisierung Nervenwurzel → ephaptische Übertragung von elektrischen Entladungen nichtnozizeptiver Afferenzen auf

nozizeptive Afferenzen

    • alternativ: funktionelle Störung im Trigeminuskerngebiet an "wide dynamic range"-Neuronen
  • bei MS: Schädigung der Myelinscheide im Bereich der Eintrittsstelle der Nervenwurzel

Diagnose

  • klassische Trigeminusneuralgie (IHS-Kriterien)
A Paroxysmale Schmerzattacken von Bruchteilen einer Sekunde bis zu 2 Minuten Dauer, die einen oder mehrere Äste des N. trigeminus betreffen und die Kriterien B und C erfüllen
B Der Schmerz weist wenigstens eines der folgenden Charakteristika auf:
  • Starke Intensität, scharf, oberflächlich, stechend,
  • Ausgelöst über eine Triggerzone oder durch Triggerfaktoren
C Die Attacken folgen beim einzelnen Patienten einem stereotypen Muster
D Klinisch ist kein neurologisches Defizit nachweisbar
E Nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen
  • symptomatische Trigeminusneuralgie (IHS-Kriterien)
A Paroxysmale Schmerzattacken von Bruchteilen einer Sekunde bis zu 2 Minuten Dauer mit oder ohne Dauerschmerz zwischen den Paroxysmen, die einen oder mehrere Äste des N. trigeminus betreffen und die Kriterien B und C erfüllen
B Der Schmerz weist wenigstens eines der folgenden Charakteristika auf:
  • Starke Intensität, scharf, oberflächlich, stechend
  • Ausgelöst über eine Triggerzone oder durch Triggerfaktoren
C Die Attacken folgen beim einzelnen Patienten einem stereotypen Muster
D Nachweis einer ursächlichen Läsion anders als einer vaskulären Kompression mittels spezieller Untersuchungsmethoden und/oder operativer Exploration der hinteren Schädelgrube

Therapie

  • primär konservativ
  • nach Möglichkeit als Monotherapie, nur bei Therapieresistenz in Kombinationstherapie
  • operative oder strahlentherapeutische Verfahren bei Versagen der medikamentösen Prophylaxe oder symptomatischen Neuralgien, die einer Operation zugänglich sind
  • Unwirksam:
    • Psychotherapeutische Verfahren
    • operative Maßnahmen im Gesichtsschädelbereich (Zahnextraktionen, Kieferhöhlenoperationen) → erhöhtes Risiko für anhaltenden idiopathischen Gesichtsschmerz

medikamentös

  • nur Carbamazepin für die Indikation "Trigeminusneuralgie" zugelassen
  • Phenytoin für "idiopathische" Trigeminusneuralgie zugelassen, wenn andere Therapiemaßnahmen nicht erfolgreich waren oder nicht durchführbar sind
  • Gabapentin für neuropathische Schmerzen bei Erwachsenen zugelassen
  • alle anderen Substanzen formal nur bei Unwirksamkeit oder Kontraindikationen von Carbamazepin
  • Akuttherapie: Phenytoin 250 mg i.v. (langsam), weitere Aufsättigung von Phenytoin i. v. oder p. o. (3 mg/kg Körpergewicht, auf 3 Dosen verteilt)
Wirkstoff Dosis Bemerkung UAW Präparate
Carbamazepin
  • Startdosis 200-400 mg
  • tgl. Erhöhung um 50 mg
  • erforderliche Dosis 600-1200 mg/d
  • höhere Dosis möglich
  • gilt als wirksamstes Präparat
  • 90% initiales Ansprechen
  • langfristig 50% Ansprechen
  • Exantheme
  • Thrombo-/Leukozytopenien
  • Leberfunktionsstörungen
  • Herzrhythmusstörungen.
  • Generika
  • Sirtal retard
  • Tegretal retard
  • Timonil retard
  • Neurotop
Oxcarbazepin erforderliche Dosis 900-1800 mg/d gleiche Wirksamkeit wie Carbamazepin
  • Vorteile: besseres kognitives Nebenwirkungsprofil, fehlende Autoinduktion
  • Nachteil: höhere Inzidenz einer Hyponatriämie (ca. 23%) → regelmäßige Natriumkontrollen, Cave klinische Zeichen wie Benommenheit, Kopfschmerz, Müdigkeit, Übelkeit
  • Trileptal
  • Timox

Weblinks