Trigeminusneuralgie: Unterschied zwischen den Versionen
Aus phys-med
Daniel (Diskussion | Beiträge) Keine Bearbeitungszusammenfassung |
Daniel (Diskussion | Beiträge) Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
Zusammenfassung der AWMF-Leitlinie (siehe unter [[#Weblinks]]) | |||
== Klinik == | |||
* blitzartig einschießender, extrem heftiger, elektrisierender und stechender Schmerz im | |||
Versorgungsgebiet eines oder mehrerer Trigeminusäste | |||
* Attackendauer typischerweise Sekunden, selten auch länger (< 2 Minuten) | |||
* Auftreten spontan und/oder durch Reize im Nervus-trigeminus-Versorgungsgebiet (Berührung, Kauen, Sprechen, Schlucken, Zähneputzen) | |||
* zwischen den Attacken Beschwerdefreiheit | |||
* multiple Attacken täglich über Wochen bis Monate möglich, spontanes Sistieren über Wochen bis Monate möglich | |||
* in der Regel progredienter Verlauf | |||
** 29% der Patienten nur eine Episode in ihrem Leben, 28% dagegen 3 oder mehr | |||
* symptomatische Trigeminusneuralgie: Schmerzparoxysmen wie oben beschrieben, aber | |||
** Sensibilitätsstörung im Versorgungsbereich des betroffenen Trigeminusastes möglich und | |||
** möglicherweise keine Schmerzfreiheit zwischen den Attacken | |||
* pathologischer Gefäß-Nerven-Kontakt bei 70-100% der Patienten nachweisbar | |||
** Sensitivität bis zu 88,5% | |||
** Spezifität nur 50%, da auch bei ca. einem Viertel der Kontrollpersonen pathologische Gefäß-Nerven-Kontakte nachweisbar | |||
** am häufigsten A. cerebelli superior (ca. 80%) | |||
** Pulsationen → segmentale Demyelinisierung Nervenwurzel → ephaptische Übertragung von elektrischen Entladungen nichtnozizeptiver Afferenzen auf | |||
nozizeptive Afferenzen | |||
** alternativ: funktionelle Störung im Trigeminuskerngebiet an "wide dynamic range"-Neuronen | |||
* bei MS: Schädigung der Myelinscheide im Bereich der Eintrittsstelle der Nervenwurzel | |||
== Diagnose == | == Diagnose == | ||
Zeile 12: | Zeile 36: | ||
|- | |- | ||
| D || Klinisch ist kein neurologisches Defizit nachweisbar | | D || Klinisch ist kein neurologisches Defizit nachweisbar | ||
|- | |||
| E || Nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen | | E || Nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen | ||
|} | |} | ||
Zeile 28: | Zeile 53: | ||
|} | |} | ||
== Therapie == | |||
* primär konservativ | |||
* nach Möglichkeit als Monotherapie, nur bei Therapieresistenz in Kombinationstherapie | |||
* operative oder strahlentherapeutische Verfahren bei Versagen der medikamentösen Prophylaxe oder symptomatischen Neuralgien, die einer Operation zugänglich sind | |||
* Unwirksam: | |||
** Psychotherapeutische Verfahren | |||
** operative Maßnahmen im Gesichtsschädelbereich (Zahnextraktionen, Kieferhöhlenoperationen) → erhöhtes Risiko für anhaltenden idiopathischen Gesichtsschmerz | |||
=== medikamentös === | |||
* nur Carbamazepin für die Indikation "Trigeminusneuralgie" zugelassen | |||
* Phenytoin für "idiopathische" Trigeminusneuralgie zugelassen, wenn andere Therapiemaßnahmen nicht erfolgreich waren oder nicht durchführbar sind | |||
* Gabapentin für neuropathische Schmerzen bei Erwachsenen zugelassen | |||
* alle anderen Substanzen formal nur bei Unwirksamkeit oder Kontraindikationen von Carbamazepin | |||
* Akuttherapie: Phenytoin 250 mg i.v. (langsam), weitere Aufsättigung von Phenytoin i. v. oder p. o. (3 mg/kg Körpergewicht, auf 3 Dosen verteilt) | |||
{| class="wikitable" | |||
! Wirkstoff !! Dosis !! Bemerkung !! UAW !! Präparate | |||
|- | |||
| width="15%" | Carbamazepin | |||
| width="20%" | | |||
* Startdosis 200-400 mg | |||
* tgl. Erhöhung um 50 mg | |||
* erforderliche Dosis 600-1200 mg/d | |||
* höhere Dosis möglich | |||
| width="20%" | | |||
* gilt als wirksamstes Präparat | |||
* 90% initiales Ansprechen | |||
* langfristig 50% Ansprechen | |||
| width="30%" | | |||
* Exantheme | |||
* Thrombo-/Leukozytopenien | |||
* Leberfunktionsstörungen | |||
* Herzrhythmusstörungen. | |||
| width="15%" | | |||
* Generika | |||
* Sirtal retard | |||
* Tegretal retard | |||
* Timonil retard | |||
* Neurotop | |||
|- | |||
| Oxcarbazepin | |||
| erforderliche Dosis 900-1800 mg/d | |||
| gleiche Wirksamkeit wie Carbamazepin | |||
| | |||
* Vorteile: besseres kognitives Nebenwirkungsprofil, fehlende Autoinduktion | |||
* Nachteil: höhere Inzidenz einer Hyponatriämie (ca. 23%) → regelmäßige Natriumkontrollen, Cave klinische Zeichen wie Benommenheit, Kopfschmerz, Müdigkeit, Übelkeit | |||
| | |||
* Trileptal | |||
* Timox | |||
|} | |||
== Weblinks == | |||
* http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/030-016.html AMWF-Leitlinie | |||
[[Kategorie:Schmerztherapie]] | [[Kategorie:Schmerztherapie]] | ||
[[Kategorie:Erkrankungen]] | [[Kategorie:Erkrankungen]] |
Version vom 17. Januar 2011, 11:32 Uhr
Zusammenfassung der AWMF-Leitlinie (siehe unter #Weblinks)
Klinik
- blitzartig einschießender, extrem heftiger, elektrisierender und stechender Schmerz im
Versorgungsgebiet eines oder mehrerer Trigeminusäste
- Attackendauer typischerweise Sekunden, selten auch länger (< 2 Minuten)
- Auftreten spontan und/oder durch Reize im Nervus-trigeminus-Versorgungsgebiet (Berührung, Kauen, Sprechen, Schlucken, Zähneputzen)
- zwischen den Attacken Beschwerdefreiheit
- multiple Attacken täglich über Wochen bis Monate möglich, spontanes Sistieren über Wochen bis Monate möglich
- in der Regel progredienter Verlauf
- 29% der Patienten nur eine Episode in ihrem Leben, 28% dagegen 3 oder mehr
- symptomatische Trigeminusneuralgie: Schmerzparoxysmen wie oben beschrieben, aber
- Sensibilitätsstörung im Versorgungsbereich des betroffenen Trigeminusastes möglich und
- möglicherweise keine Schmerzfreiheit zwischen den Attacken
- pathologischer Gefäß-Nerven-Kontakt bei 70-100% der Patienten nachweisbar
- Sensitivität bis zu 88,5%
- Spezifität nur 50%, da auch bei ca. einem Viertel der Kontrollpersonen pathologische Gefäß-Nerven-Kontakte nachweisbar
- am häufigsten A. cerebelli superior (ca. 80%)
- Pulsationen → segmentale Demyelinisierung Nervenwurzel → ephaptische Übertragung von elektrischen Entladungen nichtnozizeptiver Afferenzen auf
nozizeptive Afferenzen
- alternativ: funktionelle Störung im Trigeminuskerngebiet an "wide dynamic range"-Neuronen
- bei MS: Schädigung der Myelinscheide im Bereich der Eintrittsstelle der Nervenwurzel
Diagnose
- klassische Trigeminusneuralgie (IHS-Kriterien)
A | Paroxysmale Schmerzattacken von Bruchteilen einer Sekunde bis zu 2 Minuten Dauer, die einen oder mehrere Äste des N. trigeminus betreffen und die Kriterien B und C erfüllen |
B | Der Schmerz weist wenigstens eines der folgenden Charakteristika auf:
|
C | Die Attacken folgen beim einzelnen Patienten einem stereotypen Muster |
D | Klinisch ist kein neurologisches Defizit nachweisbar |
E | Nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen |
- symptomatische Trigeminusneuralgie (IHS-Kriterien)
A | Paroxysmale Schmerzattacken von Bruchteilen einer Sekunde bis zu 2 Minuten Dauer mit oder ohne Dauerschmerz zwischen den Paroxysmen, die einen oder mehrere Äste des N. trigeminus betreffen und die Kriterien B und C erfüllen |
B | Der Schmerz weist wenigstens eines der folgenden Charakteristika auf:
|
C | Die Attacken folgen beim einzelnen Patienten einem stereotypen Muster |
D | Nachweis einer ursächlichen Läsion anders als einer vaskulären Kompression mittels spezieller Untersuchungsmethoden und/oder operativer Exploration der hinteren Schädelgrube |
Therapie
- primär konservativ
- nach Möglichkeit als Monotherapie, nur bei Therapieresistenz in Kombinationstherapie
- operative oder strahlentherapeutische Verfahren bei Versagen der medikamentösen Prophylaxe oder symptomatischen Neuralgien, die einer Operation zugänglich sind
- Unwirksam:
- Psychotherapeutische Verfahren
- operative Maßnahmen im Gesichtsschädelbereich (Zahnextraktionen, Kieferhöhlenoperationen) → erhöhtes Risiko für anhaltenden idiopathischen Gesichtsschmerz
medikamentös
- nur Carbamazepin für die Indikation "Trigeminusneuralgie" zugelassen
- Phenytoin für "idiopathische" Trigeminusneuralgie zugelassen, wenn andere Therapiemaßnahmen nicht erfolgreich waren oder nicht durchführbar sind
- Gabapentin für neuropathische Schmerzen bei Erwachsenen zugelassen
- alle anderen Substanzen formal nur bei Unwirksamkeit oder Kontraindikationen von Carbamazepin
- Akuttherapie: Phenytoin 250 mg i.v. (langsam), weitere Aufsättigung von Phenytoin i. v. oder p. o. (3 mg/kg Körpergewicht, auf 3 Dosen verteilt)
Wirkstoff | Dosis | Bemerkung | UAW | Präparate |
---|---|---|---|---|
Carbamazepin |
|
|
|
|
Oxcarbazepin | erforderliche Dosis 900-1800 mg/d | gleiche Wirksamkeit wie Carbamazepin |
|
|
Weblinks
- http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/030-016.html AMWF-Leitlinie