Perfetti-Konzept: Unterschied zwischen den Versionen

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* Kognitiv Therapeutische Übungen nach Perfetti
== Grundlagen ==
* "Kognitiv-Therapeutische Übungen nach Perfetti"
* Behandlungsform für die Rehabilitation von Hemiplegie nach Schlaganfall
* Behandlungsform für die Rehabilitation von Hemiplegie nach Schlaganfall
* Ziel: Verbesserung der Interaktion zwischen Patient und Umwelt durch (Re-)Organisation des Nervensystems
* keine Behandlungsmethode, da kein festes Therapieprogramm → Therapiekonzept mit Grundsätzen/Zielen
* Rehabilitation = Lernprozess bei Vorliegen pathologischer Bedingungen
* Rehabilitation = Lernprozess bei Vorliegen pathologischer Bedingungen
* mechanisches Lernen von Bewegungsabläufen → abnormales kompensatorisches Bewegungsverhalten
* Ziel: (Re-)Organisation des Nervensystems.
* Grundlage: Tastsinn/Sensibilität/Propriozeption → Bewegungsplanung
* Grundlage: Tastsinn/Sensibilität/Propriozeption → Bewegungsplanung
* Parameter:
* Parameter:
** Räumlichkeit: Funktionen der verschiedenen Muskeln bestimmen den räumlichen Aspekt der Bewegung.
** Räumlichkeit: Funktionen der verschiedenen Muskeln bestimmen den räumlichen Aspekt der Bewegung
** Zeitlichkeit: Dauer der Kontraktion der involvierten Muskeln gegeben. Die Geschwindigkeit einer Bewegung muss immer in einem engen Zusammenhang mit den Analysierfähigkeiten bestimmter kortikaler Strukturen gesehen werden.
** Zeitlichkeit: Dauer der Kontraktion der involvierten Muskeln; Geschwindigkeit einer Bewegung muss immer in einem engen Zusammenhang mit den Analysierfähigkeiten bestimmter kortikaler Strukturen gesehen werden
** Intensität: Zahl der aktiven motorischen Einheiten. Die Rekrutierung der motorischen Einheiten ist je nach der perzeptiven Aufgabe abgestuft.
** Intensität: Zahl der aktiven motorischen Einheiten. Die Rekrutierung der motorischen Einheiten ist je nach der perzeptiven Aufgabe abgestuft.
* Förderung des Bewusstseins/Aufmerksamkeit für die Reizverarbeitung (Wahrnehmung) aus Körper und Bewegung
* Förderung des Bewusstseins/Aufmerksamkeit für die Reizverarbeitung (Wahrnehmung) aus Körper und Bewegung
* nicht mechanische Abläufe, sondern kognitives (bewusst-intelligente) Lösen bestimmter Aufgaben unter Nutzung afferenter (sensibler) Informationen
* mechanisches Lernen von Bewegungsabläufen → abnormales kompensatorisches Bewegungsverhalten
* D.h. der Patient soll lernen eine Aufgabe zu lösen. In der Therapie wird vorher das Ziel und die Durchführung genau erklärt, nicht nur um Aufmerksamkeit und Motivation zu wecken, sondern auch damit die gespürte Bewegung, die zunächst durch den Therapeuten ausgeführt wird, mit der gestellten Aufgabe verglichen werden kann. Denn ohne bewusstes Hinterfragen und Abgleichen der afferenten Informationen kommt es nicht zu der gewünschten Reizverarbeitung und langfristig nicht zu der Fähigkeit des ZNS willkürlich oder reaktiv adäquat Bewegung planen und durchführen zu können.
* stattdessen: kognitives (bewusst-intelligentes) Lösen bestimmter Aufgaben unter Nutzung afferenter (sensibler) Informationen → "lernen, eine Aufgabe zu lösen"
 
* Verbesserung der Interaktion zwischen Patient und Umwelt
* keine Behandlungsmethode, da kein festes Therapieprogramm gibt
* Grundsätze/Ziele → Konzept


== Durchführung ==
* ausführliche Untersuchung und Überprüfung der Sensibilität
* ausführliche Untersuchung und Überprüfung der Sensibilität
* Es gibt verschiedene Übungsebenen:
* Erklärung von Ziel und Durchführung → Aufmerksamkeit/Motivation, Vergleich gespürte (geführte) Bewegung/gestellte Aufgabe
* bewusstes Hinterfragen und Abgleichen der afferenten Informationen → Fähigkeit des ZNS, willkürlich oder reaktiv adäquat Bewegungen planen und durchführen
* Übungsebenen:
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! Grad !! Inhalt !! Ziel
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Die Übungen und der Übungsaufbau werden individuell auf den Patienten abgestimmt und zusammengestellt unter bestimmten Aspekten wie Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und kognitiver Bewegungskontrolle.
* Therapiematerial
 
** 2-/3-dimensionale Figuren in verschiedenen Größen, Materialien und Formen
Für die Übungen wird spezielles Therapiematerial benötigt. Es handelt sich dabei überwiegend um 2- oder 3-dimensionale Figuren in verschiedenen Größen, Materialien und Formen oder spezielle Konstruktionen, die teilweise in sich mobil sind. Die Kanten der Objekte werden z.B. mit dem Finger ertastet, entweder geführt durch den Therapeuten oder selbstständig. Der Patient soll sowohl die verschiedenen Formen, Strukturen, Materialstärken, Widerstände oder Gewichte, als auch die Distanz und Richtung der Bewegung erspüren und nachvollziehen, sie wieder erkennen und später aktiv reproduzieren.
** spezielle Konstruktionen, teilweise in sich mobil  
 
* Kanten der Objekte ertasten, geführt durch den Therapeuten oder selbstständig
Wirksamkeit der kognitiv therapeutischen Übungen nach Perfetti
* Erspüren der Formen, Strukturen, Materialstärken, Widerstände oder Gewichte
 
* Distanz und Richtung der Bewegung erspüren und nachvollziehen, wiedererkennen, aktiv reproduzieren
Die “kognitiv therapeutischen Übungen” nach Perfetti sind in ihren Teilaspekten auf den Ergebnissen wissenschaftlicher Studien konstruiert und entwickeln sich analog der neuen Erkenntnisse weiter. D.h. die Therapie wird um manches bereichert, während anderes herausgenommen wird, weil sich der Beleg als nicht mehr haltbar erweist.
 
Die adäquaten sensomotorische Reize wirken stimulierend auf den Patienten. Er tritt in Interaktion mit der Umwelt und lernt sie wieder “begreifen”. Durch das intensive Training des sensomotorischen Nervensystems kommt es auch oft zu einer Senkung des Muskeltonus (Spastik).
 
Die Effektivität der gesamten Behandlung in der klinischen Situation von Schlaganfallpatienten mit einer Hemiplegie wurde nach Kenntnis der Autorin bisher aber noch nicht in wissenschaftlichen Studien überprüft.
 
Weiterbildung zum Perfetti-Therapeuten
 
Autorisierte Kurse zum Therapiekonzept nach Perfetti werden von verschiedenen Fortbildungsanbietern durchgeführt. Das Therapiematerial kann über den Fachhandel erworben werden.
 
Ausgewählte Literatur
 
Conti (1995) Die Behandlung erwachsener Hemiplegiker nach der Perfetti-Methode. Ergotherapie & Rehabilitation, Januar, 22-5.
 
Lehmann R, Messerli R, Kauffeld U, Kunz C (2000) Kognitive Rehabilitation: Schwerpunkt Schulter bei Hemiplegie. Praxis Ergotherapie, April, 104-8.
 
Oberleit S ( 1996) Kognitive therapeutische Übungen nach Prof. Perfetti. Krankengymnastik, 48 (4):533-549.
 
Perfetti C (1997) Der hemiplegische Patient – Kognitiv-therapeutische Übungen. Pflaum Verlag, München.


[[Kategorie:Behandlungsverfahren]]
[[Kategorie:Therapieverfahren]]
[[Kategorie:Neurologie]]
[[Kategorie:Neurologie]]

Version vom 9. Oktober 2010, 21:31 Uhr

Grundlagen

  • "Kognitiv-Therapeutische Übungen nach Perfetti"
  • Behandlungsform für die Rehabilitation von Hemiplegie nach Schlaganfall
  • Ziel: Verbesserung der Interaktion zwischen Patient und Umwelt durch (Re-)Organisation des Nervensystems
  • keine Behandlungsmethode, da kein festes Therapieprogramm → Therapiekonzept mit Grundsätzen/Zielen
  • Rehabilitation = Lernprozess bei Vorliegen pathologischer Bedingungen
  • Grundlage: Tastsinn/Sensibilität/Propriozeption → Bewegungsplanung
  • Parameter:
    • Räumlichkeit: Funktionen der verschiedenen Muskeln bestimmen den räumlichen Aspekt der Bewegung
    • Zeitlichkeit: Dauer der Kontraktion der involvierten Muskeln; Geschwindigkeit einer Bewegung muss immer in einem engen Zusammenhang mit den Analysierfähigkeiten bestimmter kortikaler Strukturen gesehen werden
    • Intensität: Zahl der aktiven motorischen Einheiten. Die Rekrutierung der motorischen Einheiten ist je nach der perzeptiven Aufgabe abgestuft.
  • Förderung des Bewusstseins/Aufmerksamkeit für die Reizverarbeitung (Wahrnehmung) aus Körper und Bewegung
  • mechanisches Lernen von Bewegungsabläufen → abnormales kompensatorisches Bewegungsverhalten
  • stattdessen: kognitives (bewusst-intelligentes) Lösen bestimmter Aufgaben unter Nutzung afferenter (sensibler) Informationen → "lernen, eine Aufgabe zu lösen"

Durchführung

  • ausführliche Untersuchung und Überprüfung der Sensibilität
  • Erklärung von Ziel und Durchführung → Aufmerksamkeit/Motivation, Vergleich gespürte (geführte) Bewegung/gestellte Aufgabe
  • bewusstes Hinterfragen und Abgleichen der afferenten Informationen → Fähigkeit des ZNS, willkürlich oder reaktiv adäquat Bewegungen planen und durchführen
  • Übungsebenen:
Grad Inhalt Ziel
1
  • keine aktiven Bewegungen (Therapeut bewegt)
  • geschlossene Augen um Kompensation mit dem visuellen System zu vermeiden
  • Kontrolle abnormer Reaktionen auf Dehnung
  • Förderung der taktilen und kinästhetischen Sensibilität
2
  • unterstütztes willkürliches Bewegen (erfordert gutes Zusammenspiel von Therapeut und Patient)
  • schon etwas komplexere Aufgaben möglich
  • Förderung der Wahrnehmung
  • Kontrolle abnormer Irradiation (überschießende Aktivität benachbarter Muskelgruppen)
3
  • selbstständiges Bewegen ohne Hilfe
  • Kontrolle mehrerer Körperabschnitte, statisch und dynamisch
  • Kontrolle von Raum (wie weit?, wohin?), Zeit (Dauer, Tempo), Intensität (dosierte Kraftentwicklung)
  • Therapiematerial
    • 2-/3-dimensionale Figuren in verschiedenen Größen, Materialien und Formen
    • spezielle Konstruktionen, teilweise in sich mobil
  • Kanten der Objekte ertasten, geführt durch den Therapeuten oder selbstständig
  • Erspüren der Formen, Strukturen, Materialstärken, Widerstände oder Gewichte
  • Distanz und Richtung der Bewegung erspüren und nachvollziehen, wiedererkennen, aktiv reproduzieren