Elektrotherapie
Aus phys-med
Grundlagen
- Metall → Leiter 1. Klasse → Elektronen
- Körper → Leiter 2. Klasse → Anionen + Kationen
- Stromdichte → verstärkte Wirkung unter kleinerer Elektrode
- Wirkung:
- Ionenbewegung → Gewebsmilieu, Erwärmung
- Aktionspotentiale → efferent/afferent
- Rezeptorreizung (freie Nervenendigungen) → sensible Empfindungen
- Zelluläre Eregbarkeit:
- Ruhepotential -70 bis -90 mV
- Schwellenpotential -65 mV
- Aktionspotential: Depolarisation bis +40 mV (Natrium rein, Kalium raus), ca. 1ms
- Repolarisation → Refraktärzeit
Galvanisation (Gleichstrom)
- gleichbleibende Richtung und Stärke, 5-30mA
- Ionenverschiebung --> Elektrolytmilieu --> Schmerz-Rezeptoren
- keine Wirkung auf Nerven- und Muskelfasern
- Wirkung: Analgesie, Sedierung/Erregungshemmung
- Hydrogalvanische Anwendungen --> Stangerbad, Zellenbad
- Iontophorese: großflächige Elektroden, hohe Stromdichte, lange Therapiedauer (30 Min.), 8-10 Applikationen
Niederfrequente Reizströme
- 1-150 Hz, 1-50 mA, 10-150 V
- Rechteck-/Dreieckimpulse, Schwellstrom, Amplituden-/Frequenzmodulation --> Wirkung ähnlich
- uni-/bidirektional
- Wirkprinzip: Auslösung von Aktionspotentialen an Nerven- und Muskelfasern
- Analgesie, Muskelstimulation/-tonisierung, Hyperämisierung
- Cave: Verätzung durch Elektrolyse bei unidirektionalen Strömen --> Zwischenlage/Schwamm
Diadynamische Ströme nach Bernard
- Impulsstrom, gleichgerichtet, Sinushalbwellen
- Ausgangsfrequenz 50/100 Hz, Impulsbreite 10 ms
- konstanter Gleichstrom (2-3mA) unterlagert
Ultrareizstrom nach Träbert
- Rechteckimpulse 2 ms, Pause 5 ms → Frequenz 143 Hz
- analgetisch, hyperämisierend, Vibrationsempfinden ("Reizstrommassage")
Stochastische Reizströme
- unregelmäßige Impulsfrequenzen 6-30Hz, um Gewöhnungseffekte zu vermindern
- häufig unangenehm, daher selten angewendet
TENS
- nullliniensymmetrische, bidirektionale Rechteckimpulse ca. 100 µs, Frequenz 1-100 Hz (2-4 Hz low, 80-100 Hz high)
- Wirkprinzip:
- Erregung von schnellleitenden Aβ-Fasern → Hemmung von Wide dynamic range (WDR)-Neuronen auf Spinalebene (Gate-Control-Theory)
- Aktivierung deszendierender Hemmsysteme (Serotonin)
- bei neuropathischen und Muskelschmerzen
- Gerät als Leihgerät rezeptierbar nach Erprobung und Einweisung
Hochvolttherapie
- extrem kurze Impulse < 100 µs, Frequenz 50-100Hz, Spitzenspannungen ca. 200 V
- Pausenlänge extrem groß → Effektivwerte für Spannung und Stromstärke (=Durchschnitt) sehr niedrig
- muskeltonisierend, analgetisch
Reizstromdiagnostik
- Auslösung einer Muskelzuckung
- Mindeststromstärke = Rheobase
- notwendige Impulsdauer bei doppelter Rheobase = Chronaxie
- Akkommodabilität = geringere Erregbarkeit bei langsam ansteigenden Impulsen (z.B. flacher Anstieg des Dreieckstrom-Impulses bei langer Impuls-Dauer)
Elektrostimulation
- 1 - 100 Hz
- Einsatz:
- partiell oder temporär denervierte Muskulatur (z.N. nach Nervenläsion, Nervennaht) → Verlangsamung der Atrophie; bei totaler Denervierung sinnlos
- bei Spastik: Stimulation der Antagonisten (→ reziproke Hemmung), ggf. auch ermüdende Stimulation der Agonisten
- Blase oder Enddarm bei Sphinkterinkontinenz
- Funktionelle Elektrostimulation: direkt (Muskel) oder indirekt (Nerv)
Mittelfrequente Reizströme
- 1000 - 100.000 Hz, meist 4-20 kHz
- in der Regel sinusförmig --> nullliniensymmetrisch --> keine Elektrolyseprodukte
- Wirkprinzip: Auslösen von Muskel-Aktionspotentialen (erst durch mehrere aufeinanderfolge Impulse = Gildemeister-Effekt)
- Muskelstimulation, Muskeldetonisierung
- Vorteil: geringe sensible Nebenwirkungen
- Direkte mittelfrequente Reizung (Wyss):
- konstanter, über mehrere Sekunden geschwellter Strom von 11 kHz
- mit einem niederfrequenten Strom (250 Hz) unterlegt
- Zuleitung über 3 Elektroden
- Extern amplitudenmodulierter Mittelfrequenzstrom:
- ein Stromkreis, 4-20 kHz, Modulation im Gerät
- Interferenzstromverfahren (Nemec):
- 2 sinusförmige, Wechselströme in zwei getrennten Stromkreisen
- ein Stromkreis 4000 Hz, der andere variiert zwischen 3900 - 4000 Hz
- Überlagerung im Behandlungsgebiet --> Interferenzstrom 0-100 Hz
- postuliert: 25-50 Hz Muskelreizung, 90-100 Hz sympathikusdämpfend + analgetisch
- zusätzlich pulsierende Saugelektroden --> hyperämisierend
Hochfrequenztherapie
- 13,56 - 2400 MHz
- Wirkprinzip: im Gewebe entsteht Wärme
- keine sensible oder motorische Reizung
- maximale Erwärmung 1-4 mm unter Haut
- Kurzwelle (27 MHz):
- elektrisches Kondensatorfeld: Stromfluss im dazwischenliegenden Gewebe, Fett > Muskulatur
- magnetische Spule erzeugt durch Induktion Wirbelströme in Muskulatur > Fett
- Dezimeter-(434 MHz) und Mikrowelle (2450 MHz):
- Applikator: Antennen
- Tiefe: Mikrowelle < 1 mm, Dezimeterwelle ca. 3 mmm --> zusätzlich Konduktion im Gewebe
- Dosierung: Stufe 1 (unterschwelling) - 4 (noch erträglich)
- Nebenwirkungen:
- Verbrennung durch Streustrahlung, v.a. um metallische Gegenstände im Raum (Schmuck, Liege, Ständer)
- Störung elektrischer Geräte --> Abstand 5 m
- Linsentrübung: Augenschutz vor Wärme (Drahtschutzbrille)
- KI: metallische Prothesen, Schrittmacher etc.